...bin ich schon lange, aber irgendwie nicht dazu gekommen, zu schreiben. Zuerst aber an euch Lieben ein dickes DANKE!!! Für eure guten Wünsche auf meinem Weg, ich hab mich riesig gefreut!
Nun möchte ich euch berichten von meiner Pilgerwanderung, die wettertechnisch etwas schwierig, sonst aber eine einfach grandiose Erfahrung war. Leider weiß man immer erst hinterher, das man zu wenig Fotos gemacht hat, aber ehrlich gesagt: man lernt auch wieder, den Moment zu genießen und nicht immer alles für die Ewigkeit festzuhalten.
Wir liefen am 28. Juni um 11 Uhr in Hennigsdorf los, das liegt nördlich von Berlin. Auf unserer ersten Etappe ging es zunächst Richtung Bötzow, wo wir gegen 13 Uhr ankamen, danach ging es nur noch durch den Krämer Forst auf der alten Hamburger Poststraße. Das war sehr angenehm, denn die 30°C waren gut auszuhalten. Vorbei an Unmengen Zitronenmelisse, wilden Himbeeren, Blaubeeren und insgesamt 7 Schlangen kamen wir um 19 Uhr - kurz vor der totalen Erschöpfung - in Tietzow in unserer Unterkunft an. Der Schrittzähler zeigte 23 km und sage und schreibe 35.700 Schritte an. Die verbrannten 1630 kcal füllten wir mit einem guten Abendessen und einem frischen Radler wieder auf. Erschöpft aber glücklich fielen wir in die Betten.
Am nächsten Morgen aus eben diesen wieder herauszukommen war dagegen etwas mühsamer... :-)) Dies änderte sich auch die anderen Tage nicht, ja, das fiel mir wirklich schwer, mich jeden Tag aufs neue aufzuraffen und nach dem Frühstück wieder loszugehen.... aber das gehört eben dazu, ist auch ein Teil des Lernprozesses für mich, sich immer wieder aufraffen...und dafür dann aber auch aufs höchste belohnt zu werden!
Ziel des zweiten Tages war das 20 km entfernte Storchendorf Linum. Und so sah man auf unzähligen Dächern und Türmen Adebar mit seiner Familie.
Die Hitze machte uns heute schon mehr zu schaffen, denn der Weg führte uns an den Fischteichen von Linum vorbei über die Felder nach Hakenberg und dann weiter bis nach Fehrbellin, es gab so gut wie keinen Schatten. Und so gingen wir, ohne viel zu reden, jeder ganz auf sich selbst konzentriert, ohne viel nachzudenken, sondern einfach nur einen Fuß vor den anderen zu setzen. Und genau das ist es, was mich auf dem Weg am meisten beeindruckt hat: das du es schaffst, an absolut GAR NICHTS zu denken! Loslassen! Das funktioniert im Alltag nicht. Es ist wie eine Meditation, es macht dich leer, frei, und füllt dich doppelt wieder auf! Du denkst nicht mehr nach, wie dir die Füße brennen oder das Knie schmerzt oder der Rucksack immer schwerer zu werden scheint, nein, du schaltest alles ab, du setzt einfach einen Fuß vor den anderen, du kommst in einen Rhythmus, aus dem du auch nicht raus willst, dann willst du gar keine Pause machen oder anhalten oder reden, du willst einfach nur gehen.... Es ist ein solches besonderes Gefühl... und vielleicht ist das auch der Unterschied zwischen Wandern und Pilgern, dass du es mit dir allein ausmachst, zu dir selbst findest... ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass es eine herrliche Erfahrung ist.
Und dieses "meditative Gehen" half uns beiden auch am dritten Tag, denn es goss wie aus Eimern! Glücklicherweise hatten wir nur eine kurze Etappe von 14 km vor uns und konnten den Rest des Tages etwas entspannen auf dem
Gestüt Lindenhof in Rohrlack. Auch das ist mal wieder eine gute Erfahrung, sich nicht um Essen oder Wäsche oder Büro kümmern zu müssen, sondern sich nur auf sich und seinen Körper zu konzentrieren und zu sehen, dass man bis zum nächsten Morgen seine Schuhe wieder trocken bekommt! :-)) Und die positiven Seiten des Regens zu genießen, denn auf den Wiesen hinter Fehrbellin zählten wir bei diesem Wetter etwa 30 Störche!
Weiter ging es am Tag 4 nach Kyritz, und diese Etappe zählt für mich zu einer der schönsten. Bei perfektem Wanderwetter - SonneWolkenMix und 18 °C - liefen wir kurz vor 10 Uhr in Rohrlack los.
Die Landschaft ist einfach herrlich, ein wenig durch den Wald vorbei an wilden Himbeeren, wunderschönen Feldern und Wiesen wieder mit Störchen, wenn - ja wenn da nicht die Schuhe wären, die irgendwann anscheinend doch nicht mehr zu den Füßen passen wollen... Und so kam es, dass ein Wechsel stattfinden MUSSTE! :-)))
Gott möge uns verzeihen, dass wir die wunderschöne Kirche von Wusterhausen nicht in angemessenem Schuhwerk besichtigt haben, aber es ging einfach nicht!
Nach 23 km Tagesetappe vielen wir in einem schönen Hotel in Kyritz ins Bett.
Tag 5 begann mit Regen. Es hilft ja nichts, du musst trotzdem weiter! Problematisch ist es einfach, wenn du mal in die Karte gucken, eine Pause machen oder mal kurz in den Busch willst, es wird immer alles sofort nass, du frierst, du rutscht in deinen Gartenschlappen... Und nach 6 Stunden Dauerregen mit Sturm, in dem du auf der Landstraße den vorbei sausenden Autos ausweichen musst, fragst du dich schon immer wieder, was du hier eigentlich machst und ob du total bescheuert bist! Aber da hilft nur wieder: Nicht denken- gehen!
Und irgendwann bist du halt da, und dann hast du wieder eine Etappe geschafft!
Und irgendwann siehst du dann das Ortseingangsschild "Bad Wilsnack", bist am "Ziel", einerseits glücklich, andererseits traurig - schon vorbei?
Nein, wir werden im nächsten Jahr weiterlaufen. Es gibt in Deutschland etwa 30 ausgewiesene Jakobswege. Jedes Jahr ein Stück weiter. Und irgendwann - im Jahr 2032 vielleicht- kommen wir in Santiago de Compostela an :-))) Vielleicht hat ja einer von euch mal Lust, uns ein Stück des Weges zu begleiten oder uns ein Bett und eine Mahlzeit zu geben... :-))))
Besonders bedanken möchte ich mich noch bei meiner einzigen und besten Schwägerin, die mit mir gelaufen ist. Ich danke dir für deine Toleranz, deinen Mut, deinen Elan, deine Worte, dein Schweigen, dein Gehör, deine Tränen und dein Lachen, deine Motivation, deinen Orientierungssinn und dein Durchhaltevermögen, (sie hat seit dem 6 Fußnägel verloren! Mal sehen, vielleicht werden es noch mehr :-)))) Allein wäre es für mich nicht so schön gewesen. Denn auch wenn man den Weg für sich geht und viel alleine läuft ist es schön, wenn man jemanden bei sich hat.
Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei meinem Mann, der mich in meinem Vorhaben immer unterstützt hat. Ich liebe dich und hab dich sehr vermisst, ich glaube, das ist ein gutes Zeichen, oder? :-)) Den Großeltern ein dickes "Danke", Kinderhüten ist nicht immer leicht! Und allen, die mir gute Wünsche mit auf den Weg gegeben haben und mir Mut gemacht haben sage ich ebenfalls "Danke".
Ihr Lieben, das war mein Bericht! In der Zwischenzeit bin ich natürlich ein wenig im Alltagstrott, aber mein Weg geht weiter. Ich bin wieder da! Seid herzlich gegrüßt, Tina
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